Zu hören am Sonntag 2. und 9. Juni, 28. Juli, 4. August 2019, 14:00 - 21:00 Uhr:
Ein Soundkommentar zum Brexit
von Sylvia Necker
Produziert für die Hörgalerie „ohrenhoch“ Berlin, Juni 2019
Kurator, Lautsprecherinstallation: Knut Remond
Sylvia Necker über ihr Stück 'Empire klangempirisch':
Seit dem Referendum zu einem möglichen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union im Juli 2016 ist Großbritannien in zwei Lager geteilt, die auf lange Sicht erst einmal kaum eine Annäherung finden werden. Während die „Remainer“ auf ein zweites Referendum hoffen, träumen die „Brexiteers" im öffentlichen Diskurs immer lauter hörbar von dem Wiedererstehen eines britischen Empires. Für die Installation „Empire klangempirisch“ spannt Sylvia Necker Klangrouten entlang des alten britischen Empires und knüpft daran aktuelle Kommentare zum Brexit-Prozess, die sie, gerade in England lebend, in Gesprächen, in Zeitungen und Radiosendungen aufschnappt. Dieses Verweben von historischen und gegenwärtigen Klangspuren versteht sie als klangempirische Reflexion des Brexit-Prozesses, an den viele nicht glauben wollten und mit dessen Folgen wir nun alle, ob british or not, ob Empire oder Europa konfrontiert sind.
Die Soundinstallation Neckers besteht aus zwei Zuspielungen, die zwei koloniale Verbindungsrouten symbolisieren: Liverpool-Lagos und London-Delhi. Die geographische Länge der einzelnen Routen wird dabei in Spieldauer umgewandelt. Aus der Luftlinien-Entfernung zwischen Delhi und London von 7.216 km wird eine 7:22 min Soundroute, analog dazu ist die Verbindung Liverpool-Lagos durch eine 5:26 min Soundroute repräsentiert. Die Räume der Hörgalerie „ohrenhoch“ werden nicht nur mit politischen Kommentaren zum Brexit, sondern auch mit Klängen aus den ehemaligen Kolonien Großbritanniens gefüllt. Ergänzt wird dieses Rauschen durch Soundschnipsel, die Sylvia Necker mit E-Gitarre und Synthesizern eingespielt hat. An mehreren Orten im Raum kreuzen sich die Routen und übertönen sich gegenseitig – so wie in der gegenwärtigen Debatte kurz vor und nach dem Brexit Lautstärke und gegenseitiges Übertönen in Großbritannien zum politischen Kampfmittel geworden sind.
Audio Field Report no. 46, soundactivism 25: Interview mit Sylvia Necker von Knut Remond (April 2016). Limitierte Edition Audio-Kassette, 8 Stck. nummeriert. Erhältlich bei 'ohrenhoch, der Geräuschladen' (und zu hören im ohrenhoch-Archivraum auf Kopfhörer).
Sylvia Necker, Klangwerkerin, Ausstellungsmacherin und Historikerin lebt und arbeitet in Nottingham (UK) und Frankfurt/Main (DE). Als Klangwerkerin und Radiomacherin befasst sie sich mit experimenteller Musik und komponiert Hörstücke sowie Soundscapes für Museums- und Theaterräume. Zuletzt realisierte sie eine Komposition für die Inszenierung „Gisela Elsner: Heilig Blut“ (2018, Theater Landungsbrücken Frankfurt am Main) und verschiedene Klanginstallationen: „Weisses Rascheln“ (2017, oqbo Galerie Berlin) und „Muenchen Gollierplatz“ (2016, Ohrenhoch Berlin) sowie den Soundtrack zur Arbeit „Mischlinge“ (2015, Peenemünde und Wewelsburg) des New Yorker Fotografen Marc Babej.
Website Sylvia Necker