Anlässlich der 650-Jahr-Feier Neuköllns unternehmen die ohrenhoch-Kids von 8-13 Jahren im Jahr 2010 wöchentlich Field-Recording-Exkursionen mit dem Tonband quer durch das pulsierende Berlin-Neukölln. Diese Neuköllner Tonbandwanderungen 'soundmap komplex650' inszenieren und installieren sie in drei Etappen im ohrenhoch.
Sie präsentierten die erste Etappe am Festival 48 Stunden Neukölln und an den beiden darauf folgenden Sonntagen.
Field-Recording-Installation
Idee, Produktion: die ohrenhoch-Kids von 8-13 Jahren
Künstlerische Leitung, Projektleitung: Knut Remond
Die Präsentation 'TONTORTE. TON KOHL. TON BANANE. TON APFEL. U7.' von den ohrenhoch-Kids von 8-13 Jahren ist realisiert und konzipiert für das Kunst- und Kulturfestival ‘48-Stunden Neukölln‘ 2010.
Die ohrenhoch-Kids treffen sich jeden Mittwoch für eine Stunde im ohrenhoch.
Die ohrenhoch-Kids sind eine Gruppe, die 2008 zusammengefunden hat. Die erste Präsentation, "Die Reise durch die elektrischen Geräuschgalaxien" war ein Hörspiel, "Nachttropfendrache" eine Geräuschbox", "die ohronauten" eine LivePerformance, 2009 "Regenwurmstadt & Maulwurfgarten" ein Objekt und eine Geräusch Garten-Installation, 2009 "ohrenhoch ist nachtaktiv" eine Geräuschraum-Installation.
Die Arbeit der ohrenhoch-Kids ist ein Versuch für einen anderen Umgang mit elektronischer bzw. elektroakustischer Musik.
Die Thematik und die Umsetzung sind offen und sehr praxisorentiert.
Die Tontorte besteht aus Tonaufnahmen von den "Neukölln Arcaden".
Die Schichten der Torte entsprechen den Etagen der "Neukölln Arcaden".
"Willkommen zu Einkauf, Spaß und Freizeitvergnügen im Mittelpunkt des Bezirks. Auf 5 Etagen erwartet Sie eine bunte Erlebniswelt aus Handel, Gastronomie, Dienstleistung, Kino, Fitness, Stadtbibliothek, Kultur und Kommunikation.."
Die Idee ging von den ohrenhoch-Kids aus, nämlich ein "Geschwätz" auf vielschichtige Art und Weise im Verbund mit dem Projekt 'soundmaps' aufzunehmen.
Das Konzept der Tontorte bzw. die Großstruktur der Tontorte besteht aus 6 Aufnahmen; diese werden abgespielt auf 10 Lautsprechern, aufgeteilt und platziert in 5 Tortenringe:
Untergeschoss, Erdgeschoss, 1. Etage, 2. und 3. Etage, und der oberste Tortenring ist die Bibliothek.
Die "Neukölln Arcaden" bestehen aus fünf Etagen. Die ohrenhoch-Kids fügten mit der Bibliothek eine zusätzliche Tortenebene hinzu.
Die Tonaufnahmen wurden ausserhalb der einzelnen Geschäfte gemacht, auf den einzelnen Etagen mit den Menschen, die sich darin bewegen, "ein Geschwätz" inmitten von Einkaufsgeräuschen vieler unterschiedlicher Menschen, die mit ihren Handys und Einkaufswagen gehetzt durch die Hallen vorbeirauschen, an diesem Treffpunkt in Neukölln, wo unterschiedlichste Nationen, Kulturen "ein fetter Cluster" versammelt sind. Eine Polyphonie der Sprachen, ein Zeitdokument von 2010 der multikulturellen Ausstrahlung von Neukölln.
"soundmaps" Route - unterwegs mit 2 Tonbandgeräten mit Mikrophon, 2 Kopfhörern und dazu zwei Tonangeln, einer kurzen und einer langen.
Die Tonaufnahmen der verschiedenen Routen sind integriert in die Objekte Ton Apfel, Ton Kohl und Ton Banane, und die Geräuschraum-Installation U-Bahn "U7":
Geräuschraum-Installation U-Bahn "U7":
Ausser der Tontorte, die sich im ohrenhoch-Schaufensterraum befindet, präsentieren die ohrenhoch-Kids im Keller die Geräuschraum-Installation U-Bahn "U7" - von der Kellertreppe zum Zwischengang.
Sie besteht aus folgenden Aufnahmen: U7 Treppeneingang: Rathaus Neukölln / U7 Bahnsteig: Neukölln-Hermannplatz / Schmaler länglicher Kellerraum: U7 innen / U7: Rathaus Neukölln – Neukölln und zurück: Neukölln - Hermannplatz.
Die Geräusch-Objekte Ton Kohl, Ton Banane und Ton Apfel beinhalten die Tonaufnahmen folgender Routen:
Ton Banane = Der Weg von 'ohrenhoch, der Geräuschladen', Weichselstrasse 49, zu den 'Neukölln Arcaden' in der Karl-Marx-Strasse.
Ton Apfel = Sonnenallee, Hörampel
Ton Kohl = Hermannplatz, Markt
soundmap ist ein Work in Progress Projekt durch das ganze Jahr 2010, das die ohrenhoch-Kids untereinander gewünscht, besprochen und beschlossen haben.
Die Kids sind ausgerüstet und unterwegs mit 2 Tonaufnahmegeräten, 2 Kopfhörern und 2 Tonangeln. Sie tauschen die Geräte abwechlungsweise untereinander; die Route führt durch Neukölln. soundmaps ist zugleich wandern, schlendern, zuhören, lachen und rennen. Mit Tonangel spüren und fangen sie die Alltagsgeräusche ein, ähnlich wie mit einem Schmetterlingsnetz...
Das genaue Hinhören steht in diesem Projekt im Vordergrund und zwar das Erkennen, dass es bestimmte, unverwechselbare, unwiderrufliche Momente gibt, die zugleich eine Einmaligkeit sind.
soundmaps von den ohrenhoch-Kids besteht darin, mit zwei mobilen Tonbandgeräten, mit auf einer langen und einer kurzen Tonangel aufgeschraubten Mikrophonen Tonaufnahmen einzusammeln in (Nord-)Neukölln - die Geräusche auf den Strassen, Plätzen, Parks und in Gebäuden.
Diese Field Recordings sind ein Versuch, ein Experiment, die Umgebung bzw. den Großstadtalltag aufzunehmen, umzusetzen und in vielfältiger Weise darzustellen. Das Projekt besteht auch darin, mit den akustischen Geräuschen durch Objekte, Gegenstände, Klanginstallationen - z. B. "Ton Kohl" die Urbanität auch auf eine witzige und spielerische Weise darzustellen.
soundmaps besteht eigentlich aus dem Sammeln von vorher abgemachten Routen, Wanderungen, die wir mit den beiden mobilen Tonbandgeräten, zwei Tonangeln und zwei Kopfhörer unter die Füsse nehmen.
Soundmaps ist auch ein Projekt, in dem der Umgang mit den Field Recording Wanderungen "offen" bleibt - wie man mit dem aufgenommenen Tonmaterial umgeht, es bewertet, verändert und schlussendlich in einen öffentlichen Kontext stellt. soundmaps ist durch und durch ein bewegliches Projekt, ein Projekt, das nicht theoretisch angegangen wird, sondern explizit praxisorientiertist. "Der Weg ist das Ziel".
Unsere Umweltgeräusche sind extrem präsent, unsere Empfindungen bezüglich (Umwelt)geräuschen sind in unserer Gesellschaft praktisch kein Thema. Dummerweise haben die Geräusche bis heute einen undergeordneten Stellenwert. Ich meine damit, dass die tagtäglichen Geräusche unaufhörlich auf uns einwirken, aber erst im letzten Stadium, wenn wir sozusagen nervlich am Ende sind, werden sie zum Thema.
Identitäten, Kulturen, unzählige Nationen einer Stadt bzw. eines Kiezes senden auf eine vielfältige Weise einen bestimmten hörbaren Flair und Atmosphäre aus.
Alltagsgeräusche sind wichtige Zeitzeugen, die etwas bewirken und aufzeigen, dass es zum Beispiel unbedingt einen Wandel braucht, Geräusche widerspiegeln präzise eine Grundstimmung in unserer pluralistischen Gesellschaft, die noch völlig unterschätzt wird und leider auch kein kulturell historisches politisches Thema ist. Zum Beispiel die Vielschichtigkeit einer multikulturellen Gesellschaft dokumentiert gerade in Neukölln, dass ein Klima schwingt, nämlich ein Schmelztiegel, ein Chaos im positiven Sinne: "megapolyphon" ein "fetter Cluster" durch die Strassen weht und eigentlich positiv in uns einwirken sollte. Dieser Höreindruck evoziert in uns ein neues Handeln, das für uns sicher eine zukünftige Gesellschaft, Gesellschaftsformen, Veränderungen aufmacht.
Knut Remond 25/30.6.2010