Der ‘ohrenhoch-Kids Nachwuchs‘ - im Alter von 5-8 Jahren - präsentiert für das "Frühlingserwachen" im Reuterkiez in Berlin-Neukölln auf der fest installierten Lautsprecher-Installation das Tonbandstück "Der fliegende Klangteppich", Länge 20 Min., abgespielt im Loop.
Für den fliegenden Klangteppich wurden verschiedene Klang- oder Geräusche-Sessions der jüngsten ohrenhoch-Kids, die jeweils mittwochs und samstags im ohrenhoch stattfinden, von Knut Remond patchworkartig ineinander verknüpft und verwoben.
‘Der fliegende Klangteppich‘ ist ein Stück, das aus verschiedenen Tonbandaufnahmen zusammengeknüpft oder zusammengewoben ist - chronologisch und auf mehreren Spuren wurden die Aufnahmen (Muster) angelegt. Startpunkt der Tonbandaufnahmen mit den Kids war im Juli 2009. Die seither entstandenen Aufnahmen bis in die Gegenwart März 2010 wurden nun zu einem Tonbandstück bzw. Klangteppich verwoben.
Mit Stimmen, selbstgebauten Geräuschinstrumenten, Radio, Sampler, Mischpult, Mikrophonen und elektronischen Effekten.
Der ohrenhoch-Kids Nachwuchs sind: Luca, Mira, Shelly, Kyra, Charlotte, Johanna, Marisol, Chiara. Sie treffen sich in unterschiedlichen Zusammensetzungen jeweils am Mittwoch und am Samstag freiwillig im ohrenhoch. "Der fliegende Klangteppich" ist ihre erste Präsentation im ‘ohrenhoch, der Geräuschladen‘.
Zu den wöchentlichen Treffen mittwochs oder samstags kommen selten alle zusammen, meistens sind sie zu dritt, zu zweit, manchmal auch eine allein.
Die Idee zu diesem Stück mit dem Titel "Der fliegende Klangteppich" ist von Knut Remond, der auch der Erfinder und Leiter ist der Schule, Kurse und Workshops für elektroakustische Musik, Hörspiel, Klanginstallation und Field Recording.
Der ohrenhoch-Kids Nachwuchs sind Kinder im Alter von 5-8 Jahren; sie sind fast alle regelmässig jede Woche für eine Stunde im ohrenhoch. Sie beschäftigen sich mit elektroakustischer Musik. Dazu gehören unterschiedlichste Materialien, die Geräusche von sich geben. Am liebsten verwenden die Kids ihre selbstgebauten Geräuschinstrumente, die sie selbst gebaut haben und mitbringen, aber auch alltägliche Materialien wie Kaffeesahne-Portionenbecherchen, die man zusammendrücken kann und die Kids an ein Gewitter oder ein Regenprasseln erinnern. Die Kids platzieren ihre Klanginstrumente auf dem Holzregal im ohrenhoch. Die Instrumentensammlung des ohrenhoch-Kids Nachwuchses, z.B. "die Kastanienglocke", ist für jeden zugänglich, also jede und jeder darf auf den Instrumenten spielen...
Die Idee ist, mit Geräuschen und Stimme zu experimentieren, mit kleinen einfachen elektronischen (analogen und digitalen) Geräten wie Mischpult, Mikrophon und Effektgeräte. Die Kinder experimentieren zum Beispiel mit dem Einsetzen von Echos, Hall und Pitch Shifter, einem Effekt, der die Stimme transponiert in Höhe oder Tiefe. Sie praktizieren und lernen dabei gleichzeitig, mit ihren selbstgebauten Instrumenten und mit ihrer Stimme meist zeitgleich Mixturen zu kreieren und elektronische Geräte einzubinden. Die Veränderungen, die sich aus den vielfachen Einstellungen ergeben, werden mit spielerischer Neugier und mit Humor umgesetzt.
Ein wichtiger Punkt ist, dass die Kinder experimentieren und ausprobieren, zuhören, ihre Phantasie austesten und trainieren können; dass Unerwartetes möglich ist und sie es konkret umsetzen können. Es ist auch persönlich für mein Verständnis wichtig, dass am Anfang kein durchgestyltes oder kopfbetontes, rationales Konzept (unbeweglich) im Vordergrund steht, sondern das unmittelbare Praktizieren, Entdecken, Auskundschaften, Ergründen und Herausfinden, aber auch das gegenseitige Austauschen mit den anderen Kids und zum Beispiel die Frage, in welchem Verhältnis sie die von ihnen selbst entdeckten Geräusche, Klänge, Rhythmen, Ideen mit den anderen teilen möchten.
In regem Austausch stehen, Unerwartetes zulassen, und erst in einem weiteren Schritt vielleicht ein Thema oder ein Konzept ausarbeiten; aber es muss für die Kinder unbedingt stimmig und zwingend ersichtlich sein, kurz: ihre Überzeugung da sein - und erst dann kann ich mit ihnen gemeinsam zum Beispiel eine Geschichte gestalten.
Eine wichtige Erfahrung ist, dass die Kinder in kurzer Zeit eigene Entdeckungen formulieren können, durch das selbstverständliche Experimentieren allerlei herausfinden und dabei ziemlich schnell und flink mit Überzeugung anfangen, ihre Erfindungen konzentriert zu gestalten, zu gliedern und aus diesem Komplex interessante Dinge zu kreieren.
Die elektroakustische Musik hat den Vorteil, dass das Erzeugen von Klängen, Geräuschen und Rhythmen praktisch zeitgleich oder parallel verknüpft ist mit dem Gestalten, Formen, Strukturieren; dass also das Kreieren und Formen mit den gespielten Instrumenten oder mit den Stimmen - im Prinzip das eigentliche Komponieren - entsteht.
Klangmuster, Teile aus unterschiedlichen Tonaufnahmen werden zusammengestellt nebeneinander untereinander, ausgeschnitten verlängert verkürzt ähnlich einem Bild oder einer Bildcollage, wo man die ausgeschnittenen Motive auf Pappe aufklebt. Dieser Prozess ist für den ohrenhoch-Kids Nachwuchs noch neu, sie hören ihre Stimme und ihre Instrumente zusätzlich in einem neuen oder anderen Kontext, und ich bin sehr gespannt, wie sie auf den fliegenden Klangteppich reagieren werden...
Es ist für die Kids ein "Schupf ins kalte Wasser", aber ich bin überzeugt, dass es für sie durchaus zu einem wichtigen Schritt oder Prozess führen kann.
Die elektroakustische Musik, im speziellen wie ich sie anwende mit den Kindern, steht im Schnittpunkt von Musik und Hörspiel - speziell in diesem Stück "Der fliegende Klangteppich", wo zumeist die eng gesteckten Grenzen der starren ästhetischen, musikalischen und inhaltlichen Konzepte bewusst aufgesprengt werden.
Beim fliegenden Klangteppich steht die Visualisierung in einem anderen Kontext.
Es wird versucht, über das Hören einen akustischen Teppich auszubreiten, verknüpft aus verschiedenen Aufnahmen und aus unterschiedlichen und individuellen Mustern zu einem ganzen zusammengefügt.
Es sind keine konkreten visuellen Formen, Styling, Bauweisen, Farben etc. zu erkennen, aber wenn Sie genau zuhören, ergibt sich vielleicht bei Ihnen ein Gefühl von Luftigkeit von Klang - Klängen, unterschiedlichen Modulationen, Schwebungen und ein Spürsinn und Erleben von Schwerelosigkeit und Heiterkeit.
Ich hoffe, die Kinder erleben ihren fliegenden Klangteppich auf eine lustvolle und ganz individuelle Art. Ihre Kritik aber auch die Heiterkeit sind sehr willkommen.
Es ist ein Versuch, die Kids und ihre wundervollen Kreationen einem öffentlichen Publikum zu präsentieren.
Knut Remond 20.03.2010